Der Hausrotschwanz ist Vogel des Jahres 2025

Ein Frühaufsteher macht das Rennen

Unsere Morgenstunden bereichert der Hausrotschwanz schon weit vor Sonnenaufgang. Mit seinem eigenwilligen Gesang ist er kaum zu überhören, und auf Hausdächern gut zu sehen. Bühne frei für den neuen Jahresvogel!

 

Der Hausrotschwanz, Vogel des Jahres 2025 - Foto: BIA/Dennis Lorenz

Der Hausrotschwanz, Vogel des Jahres 2025 - Foto: BIA/Dennis Lorenz

 

Der neue Jahresvogel übernimmt ab Januar 2025 das Amt vom aktuellen Jahresvogel, dem Kiebitz. Der Hausrotschwanz sammelte 30,2 Prozent der Stimmen ein, knapp dahinter kam die Waldohreule mit 28,2 Prozent der Stimmen auf Platz 2. Etwas abgeschlagen folgten Schwarzspecht (15,8 Prozent), Schwarzstorch (14,5 Prozent) und Kranich (11,3 Prozent). Die fünf Vögel standen vom 3. September bis 10. Oktober 2024 öffentlich zur Wahl, jeder der Kandidaten mit seinen eigenen Forderungen zum Naturschutz. 

 

Auffälliger, aber gewöhnungbedürftiger Gesang

 

Gäbe es in der Vogelwelt ein Pendant zu „Deutschland sucht den Superstar“, der Hausrotschwanz würde wohl nicht gewinnen. Bereits im 19. Jahrhundert fällte der Zoologe Alfred Brehm in seinem „Tierleben“ ein wenig erbauliches Urteil über den Gesang des Jahresvogels. Das ihm eigene Röcheln, das sich mit knirschenden, klappernden Tönen und flötenden Trillerlauten abwechselt, beschrieb er als „jede[n] Wohlklanges bar“. Immerhin seine Rufe, um beispielsweise Gefahr auszudrücken, klängen „angenehm, wie ‚Fid tek tek‘“.

 

 

Morgens einer der ersten Sänger

 

Hausrotschwanzmännchen - Foto: Ulrich Sach/NABU-naturgucker.de

Hausrotschwanzmännchen - Foto: Ulrich Sach/NABU-naturgucker.de

 

Doch egal wie eine Jury seinen Gesang bewerten würde, zweierlei könnte sie ihm nicht absprechen: Wiedererkennungswert und Ausdauer. „Hat man den Hausrotschwanz einmal gehört und erkannt, kann man ihn nicht mehr nicht hören. Mich erinnert sein Gesang an Störgeräusche eines Fernsehers. Falls Sie nicht ohnehin schon von ihm geweckt oder zu sehr früher Stunde begleitet wurden, achten Sie einfach mal darauf“, empfiehlt Alexandra Ickes, Artenschutzreferentin beim NABU Baden-Württemberg.

 

Als einer der ersten Sänger beginnt er rund 70 Minuten vor Sonnenaufgang und ist bis nach der Abenddämmerung zu hören. Der damalige Vorsitzende des Naturwissenschaftlichen Vereins für Bielefeld Hermann Nesenhöner zählte an einem warmen, sonnigen Apriltag 1950 rund 5.650 Strophen – oder sechs Stunden – Singen. Dabei sind Anhöhen wie Dachgiebel und Hausantennen mittlerweile genauso die Bühne des Hausrotschwanzes wie Gebirgsfelsen.

 

Welcher Vogel singt wann?

 

 

Fan von Stein und Nischen

 

Nicht umsonst war der Hausrotschwanz früher als „Gebirgsrotschwanz“ bekannt. Ursprünglich und ausschließlich war der Vogel des Jahres in steil abfallenden Felswänden in den Gebirgen Mittel- und Südeuropas zu Hause, wo er auch heute noch in Felsspalten und Höhlen nistet. Noch immer siedeln dort sowie in Osteuropa und Asien mehr Hausrotschwänze im Gebirge als in Siedlungen. Doch seit gut 250 Jahren erweitern sie ihren Lebensraum stetig. Zunächst in Gebirgs- und Flusstäler, dann auch in dichter von Menschen besiedelte Gebiete. Vom einsam gelegenen Hof über Weinberge und Industrieanlagen bis zur Stadt. Die durchschnittlich wärmeren Temperaturen im 19. Jahrhundert könnten dem wärmeliebenden Vogel bei seinem Weg nach Mittel- und Nordeuropa geholfen haben.

 

Damit ist der Hausrotschwanz wie Klatschmohn, Klee, Eichelhäher oder Eichhörnchen einer von vielen sogenannten Kulturfolgern. So bezeichnet man Pflanzen- und Tierarten, die dem Menschen in von ihm nutzbar gemachte, also kultivierte, Landschaften folgen: Äcker, Forste oder Siedlungen und Gebäude, je nachdem, was sie beispielsweise an Licht- oder Bodenverhältnissen oder Zufluchtsmöglichkeiten brauchen. Als Halbhöhlenbrüter findet er in Siedlungsbereichen zudem Nistmöglichkeiten. Statt an Felswänden baut er seine Nester in Spalten und Löcher an Häuserfassaden, unter Dachvorsprüngen und Brücken, in Holzstapeln oder Schuppen.

 

Hausrotschwanzweibchen am Nistkasten - Foto: Wolfgang Fritz/NABU-naturgucker.de

Hausrotschwanzweibchen am Nistkasten - Foto: Wolfgang Fritz/NABU-naturgucker.de

 

Dem Hausrotschwanz kommt dabei zugute, dass er keine hohen Ansprüche an seine Brutgebiete stellt. Steinig, trocken und warm sollte es sein, dann kann der Hausrotschwanz seine Nester in nahezu jede Nische und jeden Hohlraum bauen. Ein besonders abenteuerlustiges Pärchen schaffte es sogar, seinen Nachwuchs in einem Walskelett im Stuttgarter Naturkundemuseum großzuziehen. In der Regel nistet der Gebäudebrüter bei uns aber unter Dächern, in Mauerlöchern oder Schuppen. Darauf machte er auch mit seinem Jahresvogel-Wahlspruch „Mut zur Lücke“ aufmerksam: Der Hausrotschwanz ist, ähnlich wie Mauersegler oder Haussperling, darauf angewiesen, dass wir bei Neubauten und Sanierungen nicht alles zumauern. Wände und Dächer brauchen genügend Öffnungen oder Nisthilfen, dann ist davon auszugehen, dass sich der Halbhöhlenbrüter weiter bei uns ansiedelt.

 

Quirliger Insektenjäger

 

Hausrotschwanzweibchen mit Raupen - Foto: Frank Derer

Hausrotschwanzweibchen mit Raupen - Foto: Frank Derer

 

Insgesamt geht es dem neuen Vogel des Jahres in Deutschland gut. Er ist aktuell nicht gefährdet, gehört vielmehr zu den häufigen Brutvögeln, man geht von 800.000 bis zu einer Million Paaren aus. Dennoch oder gerade deshalb hat Deutschland eine besondere Verantwortung, dass das auch so bleibt. Neben Nistmöglichkeiten an Häusern können wir ihm vor allem mit naturnahen Gärten helfen, in denen er Insekten finden kann – seine Hauptnahrungsquelle.

 

Von den sogenannten Warten, die sie auch zum Singen nutzen, stürzen sich Hausrotschwänze blitzschnell auf ihre Beute. Als geschickte Flieger fangen sie teilweise kleine Schmetterlinge oder Fliegen direkt in der Luft. Meist aber stürmen sie Richtung Boden und erwischen dort kleine bis mittelgroße Insekten und Spinnen. Einmal auf der Erde hüpfen und picken sie munter herum, richten sich immer wieder schnell auf, um Gefahren (darunter beispielsweise Katzen) frühzeitig zu entdecken.

 

Auffälliger Mitbewohner

 

Hausrotschwanzmännchen - Foto: Michael Wüst/NABU-naturgucker.de

Hausrotschwanzmännchen - Foto: Michael Wüst/NABU-naturgucker.de

 

Ähnlich wie, aber noch häufiger als Rotkehlchen knicksen sie mit ihren Beinen. Ebenso charakteristisch ist der zitternde und vibrierende rostrote Schwanz. Auf menschliche Augen machen sie daher schnell einen nervösen, hektischen Eindruck, doch warum sie knicksen und zittern ist noch nicht erforscht. Mit Nervosität oder Bedrohung muss es aber nicht zwingend zu tun haben.

 

Das macht es den Wähler*innen und neu gewonnenen Fans des bis zu 15 Zentimeter großen Vogels leicht, Ausschau zu halten – und fündig zu werden. Bei nahezu jeder Vogelführung in der Stadt wird man ihn finden. Mit seiner agilen und lauten Art ist er aber auch in Gärten kaum zu übersehen und überhören. Die besten Chancen hat man zur Balzzeit im März und April, wenn die Hausrotschwanzmännchen laut singend den Weibchen imponieren – und mit wilden Flugattacken ihre Rivalen durch Garten und Co. verfolgen, um ihr Revier abzustecken.

 

Gesellige Typen sind Hausrotschwänze ohnehin nicht. Im Spätherbst machen sich die Mittelstreckenzieher allein auf und halten sogar an Sammelstellen wie Gewässern, Feldern oder Klippen einen angemessenen Abstand zueinander. Wenn sie überhaupt noch in Richtung europäischer Mittelmeerraum, Nordafrika oder Naher Osten ziehen. Immer mehr Vögel überwintern aufgrund der wärmeren Temperaturen mittlerweile bei uns, sodass man das ganze Jahr über gute Chancen hat, sie zu beobachten.

 

(Text überwiegend aus Naturschutz heute 4/24, Autorin: Lisa Gebhard)
Quelle: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/vogel-des-jahres/2025/index.html

 


Von den 70ern bis heute

Alle Vögel des Jahres im Überblick


Der Grünspecht ist Vogel des Jahres 2014

Höhlenbewohner mit klebriger Zunge

Der NABU und sein bayerischer Partner, der Landesbund für Vogelschutz (LBV), haben den farbenprächtigen Grünspecht (Picus viridis) zum „Vogel des Jahres 2014“ gekürt. Auf den „Meckervogel“ 2013, die Bekassine, folgt damit der „Lachvogel“: Wegen seines markanten Rufs, der wie ein gellendes Lachen klingt, erhielt er diesen Beinamen.

„Im Gegensatz zur vom Aussterben bedrohten Bekassine hat sich der Bestand des Grünspechts in Deutschland erholt: Er liegt derzeit bei über 42.000 Brutpaaren und damit mehr als doppelt so hoch wie vor 20 Jahren“, sagt NABU-Vizepräsident Helmut Opitz. Diese Entwicklung sei unter Deutschlands häufigen Vogelarten einmalig.

Seine Bestandserholung verdankt der Grünspecht einer Reihe von milden Wintern und einer zunehmenden Einwanderung in städtische Grünflächen. „Die letzten drei kalten Winter haben jedoch gezeigt, dass es auch für ihn schnell wieder abwärts gehen kann. Der Verlust von Streuobstwiesen und extensiv genutztem Grünland, beispielsweise durch Umbruch in neue Maisanbauflächen, verschlechtert die vorhandenen Lebensräume, so dass Bestandserholungen wie in den vergangenen Jahrzehnten in Zukunft immer schwieriger werden “, so Opitz weiter.

Der Specht mit der Räubermaske
Trotz seines auffälligen Lachens und farbenfrohen Gefieders ist der Grünspecht nicht leicht zu entdecken. Die rote Kappe und die schwarze Augenmaske bescherten ihm schon den liebevollen Spitznamen „Zorro“.

 

Er findet überall ein Zuhause, wo es alte Bäume zum Bau von Nisthöhlen und Grünland mit ausreichend Ameisen als Futter gibt. Mit seinem Schnabel und der bis zu zehn Zentimeter langen klebrigen Zunge kann er seine Leibspeise aus dem Boden oder aus den Bäumen herausholen. Zentrale Merkmale des Grünspechts sind sein freudiger Gesang und sein dynamisch, meist mehrsilbiger Ruf, der einem gellenden Lachen gleicht: „kjückkjückkjück“. Dieser ist zu jeder Jahreszeit zu hören. Zur Balzzeit baut der Grünspecht diesen Ruf zu einer langen Gesangsstrophe aus. Er ist nach dem Buntspecht und vor dem Schwarzspecht die zweithäufigste Spechtart Deutschlands. Aufmerksame Beobachter können ihn in halboffenen Waldlandschaften, Gärten und Parks oder auf Streuobstwiesen und Brachen finden – überall dort, wo Grünland mit alten Bäumen vorkommt.


Besonders geeignete Bedingungen findet der Grünspecht unter anderem auf Streuobstwiesen. Die Fläche dieses Lebensraums ist jedoch in ganz Deutschland dramatisch zurückgegangen. „Um den Lebensraum des Grünspechts besser zu schützen, sollte konsequent auf Pestizide in Hausgärten, auf Streuobstwiesen und städtischen Grünanlagen verzichtet werden. Dazu wollen wir im kommenden Jahr unsere Arbeit und Gespräche intensivieren, denn die länderpolitische Unterschutzstellung von Streuobstwiesen und eine Erhöhung der Forschungsgelder für den Streuobstbau müssen vorangetrieben werden“, sagte LBV-Vorsitzender Ludwig Sothmann.

 

Da Streuobstwiesen für den Grünspecht immer seltener zu finden sind, hat die Vogelart stattdessen den Siedlungsraum für sich entdeckt – hier nehmen ihre Bestände zu. Im städtischen Bereich bieten besonders alte Parks, Industriebrachen, Ortsränder und Gegenden mit altem Baumbestand ideale Bedingungen für den Grünspecht.

Auf (fast) dem gesamten Kontinent zuhause
Übrigens ist der Grünspecht ein echter Europäer: Mehr als 90 Prozent seines weltweiten Verbreitungsgebietes befinden sich in Europa. Hier besiedelt er fast den ganzen Kontinent, mit Ausnahme Irlands, Teilen Skandinaviens und den nördlichen und östlichen Teilen des europäischen Russlands. Der europäische Bestand des Grünspechts wurde im Jahr 2004 auf insgesamt rund 860.000 Brutpaare geschätzt.

NABU und LBV setzen sich seit Jahren für den Schutz von Grünlandflächen ein. Denn durch die Intensivierung der Landwirtschaft und dem Anbau von Mais zur Energiegewinnung verlieren der Grünspecht und andere Vogelarten zunehmend ihren Lebensraum und ihre Nahrungsgrundlage. Damit sich der Bestand des Grünspechtes weiterhin positiv entwickeln kann, müssen extensives Grünland zur Nahrungssuche und dicke Bäume zur Höhlenanlage erhalten werden, und zwar sowohl im Wald und Flur als auch in Gärten und Parks.

 

Informationen zum Grünspecht


Die Bekassine ist „Vogel des Jahres 2013“

Botschafterin für Moore und Feuchtwiesen

Der NABU und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU-Partner in Bayern, haben die in Deutschland vom Aussterben bedrohte Bekassine (Gallinago gallinago) zum „Vogel des Jahres 2013“ gekürt. In Deutschland leben heute nur noch 5.500 bis 6.700 Brutpaare – etwa die Hälfte des Bestandes von vor 20 Jahren. Die Bekassine soll als Botschafterin für den Erhalt von Mooren und Feuchtwiesen werben.

 

Mehr zur Bekassine


Der Gartenrotschwanz ist Vogel des Jahres 2011

Kleiner Vogel mit großen Ansprüchen

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU-Partner in Bayern, haben heute in Berlin den Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) zum „Vogel des Jahres 2011“ gekürt. Der früher weit verbreitete und recht häufige Singvogel mit dem namensgebenden ziegelroten Schwanz ist heute in vielen Regionen selten geworden. Besonders im Westen Deutschlands ist er aus zahlreichen Dörfern und Kleinstädten verschwunden. Immer weniger Gärten genügen heute noch seinen Ansprüchen.

 

„Im Jahr des Gartenrotschwanzes wollen wir auf die Gefährdung dieses farbenprächtigen Vogels aufmerksam machen und zeigen, dass oftmals schon mit einfachen Mitteln neue Lebensräume wie Streuobstwiesen geschaffen werden können", sagte NABU-Vizepräsident Helmut Opitz. Gartenrotschwänze brauchen Nisthöhlen, wie sie vor allem in alten Obstbäumen zu finden sind. Streuobstwiesen zählen daher zu den typischen Lebensräumen. Mit ihren hochstämmigen Obstbäumen, die ein hohes Alter erreichen können, bieten sie sowohl geeignete Brutplätze als auch die notwendigen Sitzwarten, von denen die Vögel nach Insekten jagen.

 

Informationen zum Gartenrotschwanz


Vogel des Jahres 2010 - Der Kormoran

Der Meistertaucher wird oft zu Unrecht verfolgt

Der NABU und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern haben den Kormoran zum „Vogel des Jahres 2010“ gewählt. Die beiden Verbände wollen sich damit offensiv für den Schutz des Kormorans einsetzen, der nach seiner Rückkehr an deutsche Seen, Flüsse und Küsten wieder zu Tausenden geschossen und vertrieben wird. So werden jedes Jahr in Deutschland rund 15.000 Kormorane getötet.